Mit seinem Urteil vom 24.01.2017 Az. XI ZR 183/15 schafft der BGH mehr Klarheit hinsichtlich der Anforderungen an die Passage “Widerrufsfolgen” einer Widerrufsbelehrung für Verbraucherdarlehensverträge.
Inhaltich ging es um Widerrufsbelehrungen der Landesbank Baden-Württemberg (LBBW) vom September 2009 für im Wege des Fernabsatz geschlossene Verbraucherdarlehensverträge. Die Ausführungen zum Fristbeginn ließ der BGH zunächst unbeanstandet. Der BGH griff jedoch die Darstellung der LBBW zu den Widerrufsfolgen als fehlerhaft auf.
Die LBBW hatte unter den Widerrufsfolgen einen weiteren Absatz abgedruckt.
Der Eingangssatz lautet dabei:
“Verpflichtung zur Zahlung von Zinsen und Entgelten bei Vertragsausführung vor Ablauf der Widerrufsfrist.”
Weiter hieß es:
„Zur Zahlung von Zinsen und Entgelten für die vor Ablauf der Widerrufsfrist von uns erbrachten Leistungen sind Sie im Fall eines Widerrufs nur verpflichtet, wenn Sie ausdrücklich zugestimmt haben, dass wir mit der Ausführung des Vertrages vor Ablauf der Widerrufsfrist beginnen.“
Der BGH hielt diese Ausführungen der LBBW für unvollständig und damit im Rahmen des Widerrufsrechts für unzureichend. Der Widerruf der Kläger war mithin wirksam.
Der BGH klärte anhand dieser Ausführungen in der Widerrufsbelehrung der LBBW einige wichtige Fragen hinsichtlich der Darstellung der Widerrufsfolgen in den Widerrufsbelehrungen von Verbraucherdarlehensverträgen aus der Zeit zwischen 01.11.2002 und dem 10.06.2010.
- Die Bank muss bei Fernabsatzverträgen über die Widerrufsfolgen belehren und darf sie nicht weglassen.
- Sofern die Bank das jeweils gültige Muster zu dem Punkt Widerrufsfolgen verwendet hat, hat sie ausreichend belehrt.
- Macht die Bank hingegen abweichende Ausführungen, die objektiv geeignet sind, den Inhalt der Widerrufsbelehrung oder der Widerrufsfolgen zu verunklaren, führt dies automatisch zu einer insgesamt fehlerhaften Widerrufsbelehrung.
- Ob diese Fehler im konkreten Einzelfall tatsächlich geeignet waren, zu einer Fehlvorstellung der Darlehensnehmer zu führen, ist hingegen irrelevant.
Hinsichtlich der Kausalität führt der BGH seine Rechtsprechung insoweit fort. Es kommt nicht darauf an, ob im konkreten Einzelfall bei den Darlehensnehmern eine Unklarheit über den Widerruf oder dessen Folgen entstehen konnte, es kommt nur darauf an, dass die Widerrufsbelehrung in irgendeinem Punkt unklar, undeutlich oder falsch ist bzw. in Zweifel gezogen wird.
Jeder Fehler reicht aus, um die gesamte Widerrufsbelehrung im Sinne des Gesetzes als fehlerhaft gelten zu lassen. Dies führt automatisch zum sogenannten „ewigen Widerrufsrecht“ der Darlehensnehmer. Der Gesetzgeber hat dies für sogenannte Altverträge allerdings zum 21.06.2016 rückwirkend auslaufen lassen. Altverträge von vor dem 11.06.2010 mussten bis dahin widerrufen werden, um sich auf diese günstige Rechtsfolge stützen zu können.
Der BGH fasst es hinsichtlich der fehlerhaften Darstellung der Widerrufsfolgen wie folgt:
„Die Beklagte hat aber, was die Revisionserwiderung richtig hervorhebt, durch den Zusatz nach der Überschrift “Verpflichtung zur Zahlung von Zinsen und Entgelten bei Vertragsausführung vor Ablauf der Widerrufsfrist” die bis dahin klare Belehrung über die Widerrufsfolgen verunklart. Sie hat von den zwei Voraussetzungen, von denen nach § 312d Abs. 6 BGB a.F. die Verpflichtung zur Leistung von Wertersatz abhing, nur eine bezeichnet. Nach § 312d Abs. 6 BGB a.F. hatte der Verbraucher abweichend von § 357 Abs. 1 Satz 1 BGB a.F. (…) Wertersatz für die erbrachte (Finanz-) Dienstleistung nach den Vorschriften über den gesetzlichen Rücktritt nur zu leisten, wenn er vor Abgabe seiner Vertragserklärung auf diese Rechtsfolge hingewiesen worden war und wenn er ausdrücklich zugestimmt hatte, dass der Unternehmer vor Ende der Widerrufsfrist mit der Ausführung der Dienstleistung beginne. Der Zusatz in der Widerrufsbelehrung der Beklagten erweckte demgegenüber den Eindruck, es genüge für die Wertersatzpflicht, wenn der Verbraucher ausdrücklich zustimme, dass die Beklagte “mit der Ausführung des Vertrags vor Ablauf der Widerrufsfrist” beginne. Der Zusatz war damit nicht nur unvollständig, sondern außerdem, weil er suggerierte, die Wertersatzpflicht hänge von geringeren Anforderungen ab als gesetzlich vorgesehen, zusätzlich geeignet, den Verbraucher von der Ausübung des Widerrufsrechts abzuhalten (vgl. Senatsurteil vom 23. Juni 2009 XI ZR 156/08, WM 2009, 1497 Rn. 17).“
Das BGH Urteil vom 24.01.2017 XI ZR 183/15 hat mehr Klarheit über die Frage geschaffen, ob die Widerrufsfolgen überhaupt abzudrucken gewesen waren und wie ggf. unrichtige Ausführungen in diesem Punkt zu bewerten sind.
Neben der LBBW haben eine Reihe anderer Banken ebenfalls in dem Zeitraum vom 01.11.2002 bis zum 10.06.2010 die Widerrufsfolgen umformuliert oder ergänzende Ausführungen gemacht. Sofern diese Ausführungen geeignet sind den übrigen Inhalt der Widerrufsbelehrung in Zweifel zu ziehen oder schlicht unvollständig die Rechtslage wiedergeben, sind sie im Lichte des BGH Urteils vom 24.01.2017 XI ZR 183/15 als falsch einzustufen.
Dieses Urteil dürfte daher große Auswirkung auf die rechtliche Einschätzung vieler noch laufender Widerrufsverfahren haben.
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