Im Rahmen unserer bisherigen Tätigkeit haben wir eine ganze Menge von Widerrufsbelehrungen von Darlehensverträgen der ING DiBa zur Prüfung vorgelegt bekommen und begutachtet.
Mitlerweile haben wir bereits einige Erfolge erzielt.
Hinsichtlich der Widerrufsbelehrungen der ING DiBa ergibt sich aber ein sehr differenziertes Bild. Es ist insbesondere nicht so, dass alle Widerrufsbelehrungen, die von der ING DiBa zwischen 11.2002 und 06.2010 verwendet wurden, grundsätzlich fehlerhaft waren. Eine statistische Auswertung der Verbraucherzentrale Hamburg finden Sie hier. Dabei hat die Verbraucherzentrale festgestellt, dass zwischen 2004 und 2010 kaum eine geprüfte Widerrufsbelehrung der ING DiBa im Sinne der Verbraucherschützer korrekt war. In der Praxis lässt sich dieses Ergebnis der Verbraucherzentrale Hamburg jedoch nicht ganz so effektiv umsetzten bzw. wird von den Gerichten teilweise anders beurteilt oder ist aufgrund der hohen Kosten für den Darlehensnehmer nicht umsetzbar.
Die ING DiBa hat in dieser zwischen November 2002 und Juni 2010 eine ganze Reihe von verschiedenen Formulierungen der Widerrufsbelehrung ihrer Darlehnsverträge verwendet, die alle unterschiedlich zu betrachten sind.
Besonders häufig haben wir dabei u.a. Widerrufsbelehrungen der ING DiBa mit folgenden Formulierungen in Darlehensverträgen vorgelegt bekommen:
“Die Frist beginnt frühestens mit Erhalt dieser Belehrung.”
Diese Formulierung ist zwar im Rahmen der geltenden Rechtsprechung falsch (BGH 28.06.2011, XI ZR 349/10). Hiervon gibt es jedoch eine Ausnahme. Dieser Passus ist dann ausreichend, wenn das damals geltende Muster der Widerrufsbelehrung in der Anlage 2 zum § 14 BGB-InfoVO a.F. vollständig übernommen wurde. In diesem Fall kann sich die Bank auf die sogenannte Gesetzlichkeitsfiktion berufen. Diese sieht vor, dass wenn das Muster der Widerrufsbelehrung verwendet wird, vermutet wird, dass ausreichend über das Widerrufsrecht des Darlehensnehmers belehrt wurde.
Hierzu hat das OLG Frankfurt im September 2014 unter dem Az. 23 U 255/13 entschieden, dass bestimmte Abweichungen nicht ausreichend sind, dass sich die Bank nicht mehr auf die Gesetzlichkeitsfiktion berufen kann. Insbesondere hat das OLG Frankfurt dabei festgestellt, dass die gleichzeitige Verwendung von Singular und Plural bei den Personalpronomen, einigen Subjekten und Verben in der Widerrufsbelehrung nicht ausreichend ist, um eine Abweichung vom Mustertext zu begründen. Daher ist eine oft von der ING DiBa verwendete Widerrufsbelehrung mit dem obigen Passus und ohne weitere fehlerhafte Zusätze im Rahmen der Rechtsprechung des OLG Frankfurts nach derzeitiger Lage als ausreichend anzusehen. Wir halten diese Widerrufsbelehrung zwar nach wie vor für nicht dem Muster entsprechend, müssen insoweit jedoch auf dieses Urteil des OLG Frankfurts hinweisen. Eine außergerichtliche Lösung mit der ING DiBa bezüglich dieser Widerrufsbelehrung gestaltet sich derzeit nach unserer Erfahrung aufgrund des obigen Urteils als extrem schwer.
Hier ist jedoch sehr genau zu differenzieren, welche Version dieses Passus die ING DiBa verwendet hat. Liegen weitere Zusätze vor, die nicht vom Muster oder der oben genannten Rechtsprechung erfasst sind, steigen die Chancen auf einen erfolgreichen Widerruf bei der Verwendung dieses Passus in der Widerrufsbelehrung des Darlehens deutlich.
Weitere oft verwendete Formulierungen die uns bei Darlehensverträgen der ING DiBa untergekommen sind:
“Der Lauf der Frist beginnt erst, wenn Ihnen diese Belehrung ausgehändigt worden ist, jedoch nicht, bevor uns die von Ihnen unterschriebene Ausfertigung des Darlehensvertrages zugegangen ist.”
„Die Frist beginnt mit dem Tag des Eingangs des unterschriebenen Darlehensvertrages bei der ING-DiBa.“
„Die Widerrufsfrist beginnt ebenfalls nicht vor Vertragsabschluss zu laufen. Dieser erfolgt am Tag des Eingangs des von Ihnen unterschriebenen Darlehensvertrages bei der ING DiBa AG.“
„Die Frist beginnt frühestens mit dem Tag des Eingangs des unterschriebenen Darlehensvertrages bei der ING-DiBa AG.“
Zu Widerrufsbelehrungen mit diesen Ausführungen hat sich das für die ING DiBa hauptsächlich maßgebliche Oberlandesgericht Frankfurt noch nicht geäußert. Wir halten diese Formulierungen in den Widerrufsbelehrungen der ING DiBa für falsch und nicht dem Deutlichkeitsgebot entsprechend. Dies begründet durch die Ausführungen des BGHs in seinem Urteil vom 24.03.2009 Az. XI ZR 456/07. Dort führt der BGH bereits in seinen Leitsätzen Folgendes aus:
„Eine Widerrufsbelehrung, nach der die Widerrufsfrist erst mit Eingang der vom Kreditnehmer unterzeichneten Vertragsurkunde bei der Bank zu laufen beginnen soll, vermittelt dem Kreditnehmer nicht mit hinreichender Klarheit die Kenntnis über den Fristbeginn.“
Insoweit rekurriert auch in den hier genannten Widerrufsbelehrungen, die ING DiBa auf den Eingang des Darlehensvertrages bei der Bank. Diesen Zeitpunkt kennt der Darlehensnehmer regelmäßig jedoch nicht und kann daher den Fristbeginn nicht eindeutig bestimmen, so dass eine undeutliche und mithin irreführende und falsche Widerrufsbelehrung im Sinne des § 355 BGB a.F. vorliegt.
Teilweise fand sich auch der Satz in der Widerrufsbelehrung:
„Ihr Widerrufsrecht erlischt vorzeitig, wenn der Vertrag von beiden Seiten auf Ihren ausdrücklichen Wunsch vollständig erfüllt ist, bevor Sie Ihr Widerrufsrecht ausgeübt haben.“
Ein Erlöschen des Widerrufsrechts wurde jedoch nur bei einem Widerrufsrecht nach den Regelungen des Fernabsatzes nach § 312d BGB a.F. möglich. Ein Widerrufsrecht nach § 312d BGB a.F. wird allerdings aufgrund der Regelungen von § 312d Abs. 5 BGB a.F. durch das Widerrufsrecht des Darlehensnehmers nach § 495 BGB a.F. vollständig verdrängt. Lediglich die Informationspflichten für den Fernabsatz werden mit übernommen.
Entscheidend für die Bewertung der jeweiligen Widerrufsbelehrung ist dabei immer der ganz konkrete Sachverhalt des Vertragsschlusses. So etwa ob der Vertrag im Rahmen des Fernabsatzes geschlossen oder ein Vermittler eingeschaltet wurde. Es gilt in jedem Fall die Details zu beachten und genau zu prüfen, nicht jede Widerrufsbelehrung, die auf den ersten Blick fehlerhaft erscheint, ist es auch. Für die Widerrufsbelehrungen der ING DiBa bleibt insoweit hauptsächlich das LG und OLG Frankfurt maßgeblich.
Insgesamt gesehen, lässt es die ING DiBa in den meisten unserer Fälle derzeit auf eine Klage ankommen. Aussergerichtliche Vergleiche sind zwar bisweilen möglich, allerdings umfassen diese in der Regel keine vollständige Rückabwicklung oder Senkung der Restschuld.
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