Der BGH hat in seinem Urteil vom 03.07.2018 — XI ZR 520/16 mit diverse Argumentationen einiger Banken aufgeräumt, die teilweise auch von Gerichten übernommen wurden.
- Es ist keine Vorlage hinsichtlich der Auslegung der Richtlinie 2002/65/EG im Kontext des Widerrufs durch den EuGH notwendig.
- Ausführungen im Darlehensvertrag wie etwa „Auszahlung erst nach Ablauf der Widerrufsfrist“, sind für die Einschätzung des Widerrufsrechts irrelevant.
- Die unvollständige Übernahme des Wortlautes des § 312d Abs. 6 BGB a.F. ist fehlerhaft.
- Der Zusatz der Überschrift “Verpflichtung zur Zahlung von Zinsen und Entgelten bei Vertragsausführung vor Ablauf der Widerrufsfrist” verundeutlicht eine bis dahin klare Belehrung über die Widerrufsfolgen.
- Im vorliegenden Fall, keine Verwirkung trotz Zahlung einer Vorfälligkeitsentschädigung.
Inhaltlich ging es in dem Verfahren um eine Widerrufsbelehrung der Landesbank Baden-Württemberg. Der BGH hat die hier einschlägige Variante bereits in diversen Urteilen als falsch angesehen (BGH XI ZR 183/15, XI ZR 467/15, XI ZR 167/16).
Trotzdem besteht in laufenden Verfahren oft weiterhin Streit darüber, ob nicht doch die Widerrufsfrist in Ordnung gewesen ist, weil der BGH in seinen bisherigen Urteilen nicht zu allen vermeintlichen Ansatzpunkten etwas geschrieben hatte. Die Argumentation wurde dabei u.a. darauf gestützt, dass aufgrund der Gestaltung des Darlehnsvertrages es für den Darlehensnehmer klar war, dass erst nach Ablauf der Widerrufsfrist eine Auszahlung erfolgt und mithin kein Irrtum über das Widerrufsrecht entstehen konnte. Diese Ansicht ist u.a. das OLG Karlsruhe mit 10.10.2017 Az. 17 U 129/17 gefolgt.
Daraufhin sind auch andere Gerichte auf die Idee gekommen, Widerrufsklage abzuweisen, wenn behauptet wurde, dass etwa erst nach Ablauf der Widerrufsfrist ausgezahlt wurde.
Den Ansichten des OLG Karlsruhe aus dem Urteil vom 10.10.2017 Az. 17 U 129/17 erteilte der BGH in seinem Urteil vom 03.07.2018 — XI ZR 520/16 eine klare Absage. Wenn eine Widerrufsbelehrung falsch ist, bleibt sie es auch, egal was im Vertrag oder in sonstigen Materialien, die an die Darlehensnehmer übergeben wurden, steht.
„Auch die konkrete Informations- und Vertragsgestaltung der Beklagten führt zu keinem anderen Ergebnis. Der Inhalt einer Widerrufsbelehrung kann nicht anhand des nicht in der Widerrufsbelehrung selbst in Textform dokumentierten gemeinsamen Verständnisses der Parteien nach Maßgabe der besonderen Umstände ihrer Erteilung präzisiert werden (Senatsurteile vom 21. Februar 2017 XI ZR 381/16, WM 2017, 806 Rn. 13 ff., 17 und vom 21. November 2017 XI ZR 106/16, WM 2018, 51 Rn. 14).“
BGH 03.07.2018 — XI ZR 520/16
Ebenfalls sehr ausführlich hat sich der BGH in dem Urteil vom 03.07.2018 — XI ZR 520/16 mit dem Unionsrecht und einer Vorlagepflicht wegen der Auslegung der Richtlinie 2002/65/EG im Zusammenhang mit Fernabsatzbelehrungen zu Immobiliendarlehensverträgen auseinandergesetzt. Der BGH hat seine Rechtsprechung als Unionsrechtskonform angesehen und sieht an dieser Stelle keine Vorlagepflicht.
Die Anforderungen, die der Senat an die Belehrung über die Widerrufsfolgen bei im Fernabsatz geschlossenen Verbraucherdarlehensverträgen stellt, stehen im Übrigen in Einklang mit den unionsrechtlichen Vorgaben.
BGH 03.07.2018 — XI ZR 520/16
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Damit besteht unbeschadet dessen, dass der Senat hier über die Reichweite des Art. 4 Abs. 2 der Richtlinie 2002/65/EG tragend nicht entscheiden muss in Fällen, in denen es tragend auf diese Frage ankäme, kein Anlass für ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 Abs. 3 AEUV.
Weiterhin bemerkenswert ist der Umstand, dass der BGH die Annahme des OLG Stuttgarts, dass das Widerrufsecht nicht verwirkt ist, ebenfalls bestätigt hat.
„Einer revisionsrechtlichen Überprüfung stand halten weiter die Ausführungen des Berufungsgerichts dazu, der Ausübung des Widerrufsrechts habe § 242 BGB nicht entgegengestanden.“
BGH 03.07.2018 — XI ZR 520/16
Im Ergebnis befasst sich der BGH in dem Urteil vom 03.07.2018 — XI ZR 520/16 begrüßenswert ausführlich mit einigen Themen und Rechtsmeinungen, die im Schatten der BGH-Rechtsprechung immer wieder aufkommen, der BGH-Rechtsprechung aber zuwiderlaufen.
Das Kredo des BGHs ist daher, dass Widerrufsbelehrungen, die der BGH als falsch eingestuft hat, dies auch bleiben. Dies folgt dem Umstand, dass es sich nach Ansicht des BGHs um rein formales Recht handelt. Fehler in einer Widerrufsbelehrung können daher nicht in anderen Vertragsteilen mit weiteren Ausführungen geheilt werden.
Der Gesetzgeber hat zur Fehlerbehebung explizit die Möglichkeit der Nachbelehrung eröffnet. Sofern diese nicht genutzt wird und die Widerrufsbelehrung falsch ist, bestand zumindest in den hier noch betroffenen sogenannten Altfällen ein ewiges Widerrufsrecht nach § 355 Abs. 3 S. 3 BGB a.F..
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