Eine Nachbelehrung über das Widerrufsrecht des Verbrauchers bei Darlehensverträgen ist nicht immer wirksam, insbesondere dann nicht, wenn es sich nicht an den jeweils gültigen Mustertext des Gesetzes hält.
So der Bundesgerichtshof in der Entscheidung vom 28.06.2011 Az. XI ZR XI ZR 349/10. Der Fall, der zuvor vom Landgericht Gera und Oberlandesgericht Jena entschieden wurde, betraf eine Widerrufsbelehrung (Nachbelehrung), die anlässlich einer Zinsverlängerungsvereinbarung erfolgte.
Die Widerrufsbelehrung lautete:
“Nachträgliche Widerrufsbelehrung über das gesetzliche Widerrufsrecht nach §§ 312, 355 BGB
Widerrufsrecht
Sie können Ihre Vertragserklärung innerhalb von einem Monat ohne Angabe von Gründen in Textform (z.B. Brief, Fax, E‑Mail) widerrufen. Die Frist beginnt frühestens mit Erhalt dieser Belehrung in Textform. Zur Wahrung der Widerrufsfrist genügt die rechtzeitige Absendung des Widerrufs.
Der Widerruf ist zu richten an:…
Widerrufsfolgen
Hat der Darlehensnehmer das Darlehen empfangen, gilt der Widerruf als nicht erfolgt, wenn er das Darlehen nicht binnen zweier Wochen entweder nach Erklärung des Widerrufs oder nach Auszahlung des Darlehens zurückzahlt.Finanzierte Geschäfte
Widerrufen Sie diesen Darlehensvertrag, mit dem Sie Ihre Verpflichtungen aus einem anderen Vertrag finanzieren, so sind Sie auch an den anderen Vertrag nicht gebunden, wenn beide Verträge eine wirtschaftliche Einheit bilden. (…).
Wird mit diesem Darlehensvertrag die Überlassung einer Sache finanziert, gilt Folgendes:
Wenn Sie diese Sache im Falle des Widerrufs ganz oder teilweise nicht zurückgeben können, haben Sie dafür ggf. Wertersatz zu leisten. (…) Nicht paketversandfähige Ware wird bei Ihnen abgeholt. (…).”
Dem Bundesgerichtshof nach ist eine Nachbelehrung nur wirksam, wenn sie einen für den Darlehensnehmer erkennbaren Bezug zu dem früheren Vertrag aufweist, dessen Belehrungsmangel geheilt werden soll.
Diese Widerrufsbelehrung sah der Bundesgerichtshof jedoch bereits dem Inhalt nach als fehlerhaft an, weil sie nicht dem seinerzeit gültigen Mustertext des Gesetzes entspricht.
Bereits die Formulierung „frühestens“ ist fehlerhaft, weil der Darlehensnehmer nicht erkennen kann, ab wann sein Widerrufsrecht konkret zu laufen beginnt. Der Darlehensnehmer vermag ihr lediglich zu erkennen, dass die Widerrufsfrist “jetzt oder später” beginnt. Dies hat der Bundesgerichtshof mehrfach als irreführend und falsch entschieden.
Weiterhin fehlte es an dem nach § 355 Abs. 2 Satz 3 BGB bei schriftlichen Verträgen erforderlichen Hinweis, dass die Frist nicht zu laufen beginne, bevor dem Verbraucher auch eine Vertragsurkunde, sein schriftlicher Antrag oder eine Abschrift der Vertragsurkunde oder des Antrags zur Verfügung gestellt werde.
Die Bank konnte sich auch nicht auf den gesetzlichen Schutz berufen, den Mustertext aus der Verordnung verwendet zu haben, denn der Text weist Abweichungen vom seinerzeit gültigen Mustertext ab.
Der Satz 2 des mit “Widerrufsrecht” überschriebenen ersten Abschnitts der Nachbelehrung enthält am Ende — nach den Worten “mit Erhalt dieser Belehrung” — den Zusatz “in Textform”, der zu diesem Zeitpunkt noch nicht im Mustertext enthalten war.
In dem Teil der Widerrufsbelehrung, der mit “Finanzierte Geschäfte” überschrieben ist, fehlt im zweiten Satz des zweiten Absatzes dieses nach den Worten “im Falle des Widerrufs ganz oder teilweise nicht” die der Musterbelehrung des Verordnungsgebers enthaltene Passage “oder nur in verschlechtertem Zustand”.
Darüber hinaus weicht auch der vorletzte Satz des betreffenden Absatzes der Nachbelehrung vom Mustertext ab indem formuliert wurde “Nicht paketversandfähige Sachen werden bei Ihnen abgeholt.”.
Im Ergebnis ist diese Widerrufsbelehrung demnach als fehlerhaft anzusehen. Betroffenen Darlehensnehmer, die diese Widerrufsbelehrung in ihren Darlehensverträgen haben und im gleichen Zeitraum einen Darlehensvertrag abgeschlossen haben, dürften daher gute Chancen haben auch jetzt noch von ihrem Widerrufsrecht Gebrauch machen zu können.