Widerrufsrecht gilt nur für Verbraucherdarlehensverträge.
Die wichtigste Voraussetzung ist wohl die des Verbrauchers. Frei von vertraglichen Widerrufsrechten gilt das gesetzliche Widerrufsrecht für Darlehenverträge nur für Verbraucher.
In § 13 BGB wird derselbe legal definiert:
“Verbraucher ist jede natürliche Person, die ein Rechtsgeschäft zu Zwecken abschließt, die überwiegend weder ihrer gewerblichen noch ihrer selbständigen beruflichen Tätigkeit zugerechnet werden können.”
Weiterhin muss es sich um ein Darlehen handeln, für das im Sinne des § 495 BGB ein Widerrufsrecht eingeräumt wird. Ein Widerrufsrecht besteht beispielsweise nicht bei Überziehungskrediten oder bestimmten notariell beurkundeten Darlehensverträgen. Die breite Masse der Verbraucherdarlehensverträge wird allerdings vom § 495 BGB erfasst. Dabei ist es ab 01.01.2002 egal, ob es sich um ein immobilienbesichertes Darlehen oder nicht handelt.
Sind diese Punkte erfüllt, kommt es dann für die Beurteilung auf den Zeitpunkt des Abschlusses des Darlehensvertrages an.
Für die Beurteilung eines Darlehensvertrages gilt regelmäßig das Recht des Jahres, in dem der Darlehensvertrag abgeschlossen wurden.
Verträge von vor dem 01.01.2002
Verträge die vor dem 01.01.2002 abgeschlossen wurden sind, sind sogenannte “Altverträge”, die heute zumindest nach den Richtlinien des Verbraucherkreditgesetzes nicht mehr widerrufen werden können. Einzige Ausnahme davon kann unter Umständen ein Widerruf nach dem damals geltenden Haustürwiderrufsgesetz bilden, sofern die besonderen Voraussetzungen vorliegen.
Verträge vom 01.01.2002 bis zum 31.10.2002
In diesem Zeitraum galt zwar bereits das neue Widerrufsrecht, jedoch mussten Banken und Sparkassen noch nicht über das Widerrufsrecht in Textform belehren. Diese Pflicht wurde erst mit einer Änderung der Gesetze zum 01.08.2002 eingeführt und diese Regelungen waren aufgrund der Überleitungsvorschrift zum OLG-Vertretungsänderungsgesetz vom 23. Juli 2002 erst auf Verträge ab dem 01.11.2002 anzuwenden.
Verträge vom 01.11.2002 bis zum 10.06.2010
Für Verträge die vom 01.01.2002 bis zum 10.06.2010 geschlossen wurden, gibt es bereits BGH Urteile, die bestimmte Widerrufsklauseln als fehlerhaft eingestuft haben. Liegt ein solche vergleichbarer Fall vor, haben Betroffene dementsprechend gute Möglichkeiten, jetzt noch von ihrem Widerrufsrecht Gebrauch zu machen. Dies liegt darin begründet, dass die Rechtsprechung einzelne Mustertexte in der BGB-InfoVO für unwirksam erklärt hat und Abweichungen vom Mustertext damit fast immer zur Unwirksamkeit der Widerrufserklärung führen. Eine Übersicht der typischen Fehler finden Sie auf dieser Seite.
Haben Sie einen Darlehensvertrag aus dieser Zeit, der aber keine der bisher vom BGH erfassten fehlerhaften Formulierungen enthält, heißt dies nicht, dass die Belehrung wirksam ist und Ihnen kein Widerrufsrecht mehr zusteht.
Für diese Verträge ist dann genau zu prüfen, wie die Widerrufsbelehrung aufgebaut ist und ob sie sich wirklich an die gesetzlichen Vorgaben hält. Wie ausgeführt ist die Widerrufsbelehrung nur dann wasserfest, wenn sie sich exakt an den jeweils gültigen Mustertext hält. Nur in diesen Fällen kann sich die Bank auf die Gesetzlichkeitsfiktion berufen und ein Widerruf wäre verfristet. Hat sich die Bank hingegen nicht an das Muster gehalten, bestehen gute Chancen zumindest für die Zeit bis 10.06.2010, dass die Belehrung fehlerhaft ist.
Anzumerken ist, dass es sogar möglich ist, Verträge die nach dem 01.11.2002 geschlossen wurden, auch nach bereits erfolgter Kündigung und ggf. Rückabwicklung noch erfolgreich zu widerrufen, wenn eine falsche Widerrufsbelehrung verwendet wurde.
Das Widerrufsrecht für Darlehensverträge die zwischen dem 01.09.2002 und dem 10.06.2010 geschlossen wurden, erlischt aufgrund eines neuen Gesetzes zum 21.06.2016. Danach wird kein Widerruf dieser Verträge mehr möglich sein, egal ob falsch belehrt oder nicht (Art. 229 § 38 Abs. 3 EGBGB). Wer rechtzeitig den Widerruf wirksam erklärt hat, kann diesen hingegen im Rahmen des rechtliche Möglichen weiterverfolgen.
Verträge vom 11.06.2010 bis zum 12.06.2014
Verträge die ab dem 11.06.2010 geschlossen wurden, sind rechtlich anders zu beurteilen, als die Darlehensverträge zuvor (2002 bis 10.06.2010). Aufgrund der Gesetzesänderungen müssen deutlich schwerere Verfehlungen in der verwendeten Widerrufsbelehrung enthalten sein. Ein reines Abweichen vom Mustertext reicht hier in der Regel nicht aus. Der Mustertext steht ab 30.07.2010 im Gesetz (Anlage 6 bzw. 7 zum Art 247 EGBGB) und ist daher per Definition richtig und kann nicht von Instanzgerichten angegriffen werden. Daher müssen die Belehrungen nicht nur leicht von den Formulierungen abweichen, um fehlerhaft zu sein, sondern es müssen wichtige Punkte des Widerrufsrechts fehlen (z.B. Fehler bei der Widerrufsfrist oder den Widerrufsfolgen). Allerdings gibt es auch hier noch viele Darlehensverträge, die in ihren Widerrufsbelehrungen erheblich vom Mustertext abweichen und auf wesentliche Punkte nicht hinweisen und mithin fehlerhaft sind.
Es kommt darauf an, dass die Belehrung alle wichtigen Punkte eines Widerrufsrechts erfasst und in deutlich abgehobener Gestaltung verfasst ist.
Es muss für den Verbraucher klar sein, dass er ein Widerrufsrecht hat, wie er es ausübt, an wen es zu richten ist, in welchem Zeitfenster er es ausüben kann und welche Rechtsfolgen sich an den Widerruf knüpfen.
Nach unseren bisherigen Erfahrungen ist es erst ab 2011/2012 so, dass die Widerrufsbelehrungen in der Masse kaum noch Fehler aufweisen. Es gilt jedoch auch hier, dass sich alle Widerrufsbelehrungen von Verbraucherdarlehensverträgen an die gesetzlichen Regelungen halten müssen und auch Neuverträge fehlerhaft sein können. Auf die Kernelemente muss immer hingewiesen werden.
Hinzu kommt, dass bei Verträgen vom 11.06.2010 bis zum 12.06.2014 auch dann ein Widerrufsrecht besteht, wenn die Widerrufsbelehrung zwar in Ordnung ist, aber Pflichtangaben des Darlehensgebers nach Maßgabe des § 495 Abs. 2 BGB a.F. i.V.m. § 492 Abs. 2 a.F. BGB nicht im Vertrag enthalten sind. In diesem Fall steht dem Darlehensnehmer ebenfalls ein Widerrufsrecht zu.
Die Verträge die zwischen dem 11.06.2010 und dem 12.06.2014 geschlossen wurden, sind nicht von dem Erlöschen des Widerrufsrechts für Altverträge zum 21.06.2016 nach Art. 229 § 38 Abs. 3 EGBGB betroffen. Ein Widerruf bleibt bei diesen Verträgen möglich, wenn fehlerhaft belehrt wurde oder Pflichtangaben fehlen.
Bei Verträgen, die zwischen dem 11.06.2010 und dem 29.07.2010 geschlossen wurden, ist allerdings zu beachten, dass das Widerrufsrecht nach dem damaligen § 355 Abs. 4 S. 1 BGB 6 Monate nach Vertragsschluss erloschen sein kann.
Verträge vom 13.06.2014 bis 20.03.2016
Mit der erneuten Gesetzesänderung des Widerrufsrechts mit Wirkung vom 13.06.2014 wurde der § 495 Abs. 2 BGB a.F. geändert und es steht nun nicht mehr explizit in der Norm, dass dem Darlehensnehmer beim Fehlen von den Pflichtangaben ein Widerrufsrecht zusteht. Dieser Teil des Widerrufsrechts ist jedoch nicht entfallen, sondern lediglich in den § 356b BGB a.F. gewandert.
Diese Verträge sind ebenfalls nicht von der Rückwirkenden Vernichtung des Widerrufsrechts zum 21.06.2016 nach Art 229 § 38 Abs. 3 EGBGB betroffen.
Verträge ab dem 21.03.2016
Ab hier wird das Darlehensrecht zweigeteilt.
Es gibt jetzt eine Höchstfrist für Immobiliendarlehensverträge im Namen des “Verbraucherschutzes” von einem Jahr und 14 Tagen und keine Höchstfrist für nicht Allgemeine-Verbraucherdarlehensverträge.
Das Widerrufsrecht für verbraucherdarlehensverträge ist weiterhin in den §§ 495, 355, 356b BGB geregelt. Immobiliendarlehensverträge können nach § 356b Abs. 2 S. 4 BGB lediglich noch innerhalb einer Frist von einem Jahr und 14 Tagen nach Vertragsschluss bzw. Übergabe des Darlehensvertrages widerrufen werden (der jeweils spätere Zeitpunkt gilt). Danach spielt es keine Rolle, ob über das Widerrufsrecht belehrt wurde oder fehlerhaften Pflichtangaben gemacht wurden, das Widerrufsecht ist erloschen.
Für das Widerrufsrecht von Immobiliendarlehensverträgen kommt es zudem nur noch darauf an, dass der Vertrag oder eine Kopie übergeben wurde und über das Widerrufsrecht belehrt wurde. Die bisherigen Pflichtinformationen nach § 492 Abs. 2 BGB i.V.m. Art 247 §§ 6- 13 EGBGB sind für das Widerrufsrecht direkt nicht mehr von Bedeutung.
Insofern wird das Widerrufsrecht für Darlehensnehmer stark eingeschränkt und der Verbraucherschutz zurückgefahren. Es bleibt zwar die Option ggf. Schadensersatz zu verlangen, wenn wesentliche Pflichtinformationen fehlen, ob dies allerdings praktische Revelanz entfallten wird, bleibt abzuwarten. Hier müsste zudem der Mangel Kausal für den nicht erfolgten Widerruf sein und daraus ein Schaden entstanden sein.
Hinsichtlich von Allgemeinen-Verbraucherdarlehensverträgen bleibt es hingegen bei der bisherigen Regelung. Sollten hier Pflichtinformationen, zu denen auch die Widerufsinformationen gehören, fehlen oder falsch dargestellt werden, beginnt weiterhin die Widerrufsfrist nicht zu laufen.
Mehr zum Thema finden Sie ebenfalls unter Entwicklung des Widerrufsrechts.
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