Das Widerrufsrecht des Verbrauchers bei Darlehensverträgen erlischt nicht, wenn das Unternehmen diesen falsch bzw. fehlerhaft über sein Widerrufsrecht belehrt hat.
Der Bundesgerichtshof entschied am 19.07.2012 Az. III ZR 252/11 erneut über die bereits als fehlerhaft anerkannte Formulierung einer Musterwiderrufsbelehrung.
“Widerrufsrecht
Sie können Ihre Vertragserklärung innerhalb von zwei Wochen ohne Angabe von Gründen in Textform (z.B. Brief, Fax, E‑Mail) widerrufen. Die Frist beginnt frühestens mit Erhalt dieser Belehrung. Zur Wahrung der Widerrufsfrist genügt die rechtzeitige Absendung des Widerrufs. Der Widerruf ist zu richten an:Widerrufsfolgen
Im Falle eines wirksamen Widerrufs sind die beiderseits empfangenen Leistungen zurückzugewähren und ggf. gezogene Nutzungen (z.B. Zinsen) herauszugeben.”
Die in der Vertragsurkunde enthaltene Widerrufsbelehrung genügt nicht den Anforderungen nach § 355 Abs. 2 Satz 1 BGB a.F.. Denn sie enthält den Hinweis, dass die Frist für den Widerruf “frühestens mit Erhalt dieser Belehrung” beginnt. Dies führt dazu, dass der Verbraucher nicht klar bestimmen kann, wann seine Frist zur Ausübung des Widerrufsrechts beginnt. Er erhält nicht die notwendigen Informationen, um zu bestimmen, von welchen Angaben der Fristbeginn abhängt.
Zwar könnte sich das Unternehmen auf die Gesetzlichkeitsfiktion berufen also auf das Vertrauen in den gesetzlichen Mustertext. Dies würde bedeuten, dass, auch wenn die Widerrufsbelehrung falsch ist, dennoch gesetzeskonform über das Widerrufsrecht aufgeklärt wurde und dem Verbraucher kein Widerrufsrecht mehr zusteht nach Ablauf der 14 Tage. Auf diese Gesetzlichkeitsfiktion kann sich das Unternehmen allerdings nur dann berufen, wenn es exakt den Text der Musterbelehrung verwendet.
Der Bundesgerichtshof lässt dabei schon kleine Abweichungen ausreichen, damit dieser Vertrauensschutz des Unternehmens wegfällt.
Im vorliegenden Fall ist die in der Musterbelehrung vorgesehene Aufklärung über die Widerrufsfolgen nicht vollständig übernommen worden. So heißt es in dem hier maßgeblichen Musters für die Widerrufsbelehrung, dass im Falle des Widerrufs, sofern die empfangene Leistung ganz oder teilweise nicht oder nur in verschlechtertem Zustand zurückgewährt werden kann, der Verbraucher insoweit gegebenenfalls Wertersatz zu leisten hat.
Dieser Satz fehlt jedoch in der hier verwendeten Widerrufsbelehrung. Eine Streichung dieses Satzes war im vorliegenden Fall laut Bundesgerichtshof auch nicht geboten, daher weicht die Belehrung in ausreichendem Maße von der Musterbelehrung ab. Die Quintessenz davon ist erneut, dass sich das Unternehmen nicht auf die erfolgte Widerrufsbelehrung berufen kann und dem Verbraucher ein Widerrufsrecht noch zustand.
Daher ist immer sehr genau zu prüfen, ob ein Unternehmen insbesondere eine Bank bei einem Verbraucherdarlehen wirklich den vollständigen Mustertext verwendet hat. Sollte dies nicht der Fall sein und verwendet die Bank eine fehlerhafte Widerrufsbelehrung, steht dem Darlehensnehmer auch heute noch ggf. ein Widerrufsrecht zu.