Das Landgericht Düsseldorf (LG Düsseldorf) hat mit Urteil vom 15.12.2017 Az. 10 O 143/17 zugunsten der Darlehensnehmer hinsichtlich eines im Juni/Juli 2010 geschlossenen und im Juni 2016 widerrufenen Darlehensvertrages entschieden. Das LG Düssledorf sah den Widerruf des Darlehensvertrages als rechtmäßig und wirksam an. Die Begründung des LG Düsseldorfs ist dabei bemerkenswert.
Das LG Düsseldorf sah die Widerrufsinformationen der beklagten Bank deshalb als falsch an, weil die Widerrufsfristen nach Ansicht des LG Düsseldorfs durch eine Klausel in den verwendeten AGBs der Bank kompromittiert wurden und damit fehlerhaft sind.
Diese Klausel wurde im relevanten Zeitraum zwischen ab dem 11.06.2010 von vielen Volksbanken, Sparda-Banken und Raiffeisenbanken verwendet.
In den AGBs der beklagten Bank fand sich unter Punkt Nr. 26 folgende Passage:
„26 Abbedingung von § 193 BGB: Die Parteien bedingt die Regel des § 193 BGB ab, wonach dann, wenn an einem bestimmten Tag oder innerhalb einer Frist eine Willenserklärung abzugeben oder eine Leistung zu bewirken ist und der bestimmte Tag oder der letzte Tag der Frist auf einen Sonntag, einen am Erklärung- oder Leistungsort staatlich anerkannten allgemeinen Feiertag oder einen Sonnabend fällt, an die Stelle eines solchen Tages der nächste Werktag tritt. Durch das Abbedingen dieser Regelung kann beispielsweise die Fälligkeit einer Rate auch an einem allgemeinen Feiertag, einem Sonnabend oder einem Sonntag eintreten.“
Das LG Düsseldorf sah mit dieser Klausel die Widerrufsfristen von 14 Tagen bzw. 30 Tage für die Rückübertragung nach dem Widerruf als unzulässig verkürzt an. Damit sind die Widerrufsinformationen des Darlehensvertrages fehlerhaft, weil abweichend vom Gesetz zulasten der Darlehensnehmer bei den Fristen abgewichen wurde. Diese Formulierungen in den AGBs seien geeignet den Darlehensnehmer in die Irre zu führen, soweit es die tatsächliche Länge der Widerrufsfrist angeht als auch der damit zusammenhängenden Rückgewährfristen.
Das LG Düsseldorf führt es im O‑Ton in seinem Urteil vom 15.12.2017 Az. 10 O 143/17 wie folgt aus:
„Durch die verkürzte Darstellung der Widerrufsfrist kann der Verbraucher zu der Fehlvorstellung verleitet werden, die Widerrufsfrist sei bereits abgelaufen, obwohl dies tatsächlich nicht der Fall ist. Auch die verkürzte Darstellung der Rückgewährfrist ist potentiell geeignet, den Verbraucher vom Widerruf abzuhalten, weil er hinsichtlich der Beschaffung der zur Erfüllung seiner Zahlungspflichten erforderlichen Mittel einem gegenüber der gesetzlichen Regelung erhöhten Zeitdruck ausgesetzt wird.“
Das LG Düsseldorf setzt sich in seinem umfangreich begründeten Urteil vom 15.12.2017 Az. 10 O 143/17 auch und gerade mit der einschlägigen Rechtsprechung des BGHs zum Thema Widerrufsrecht bei Darlehensverträgen auseinander. Diese steht der Rechtsprechung des LG Düsseldorfs nach den Ausführungen in dem genannten Urteil nicht entgegen. Der Widerruf des Darlehens ist daher nach Maßgabe des LG Düsseldorfs rechtmäßig erfolgt und wirksam.
Für die betroffenen Darlehensnehmer von Darlehensverträgen bei entsprechenden Volksbanken, Sparda-Banken und Raiffeisenbanken mit dieser Klausel in den AGBs ist dieses Urteil ein Paukenschlag.
Der Hintergrund für diese Entscheidung des LG Düsseldorfs ist, dass das Ende einer Frist zur Abgabe einer Willenserklärung oder Erbringung auf den nächsten Arbeitstag fällt, wenn der Tag des Fristendes auf einen Samstag, Sonntag oder staatlich anerkannten Feiertag am Leistungsort fällt (§ 193 BGB).
Umstritten ist zwar, ob dies für jede Frist gilt für gesetzliche Fristen, wie die Widerrufsfrist ist es jedoch weithin anerkannt. Die Widerrufsfrist eines Darlehensvertrags kann sich dadurch ebenso wie die Rückgewährfrist von 30 Tagen nach dem Widerruf um einige Tage verlängern, wenn das Ende der Frist auf einen Samstag, Sonntag oder Feiertag im Sinne des § 193 BGB fällt.
Endet eine Frist z.B. 14 Tage nach dem 11.12. also am 25.12. eines Jahres, wäre dies ein Feiertag (1. Weihnachtsfeiertag). Die Frist würde daher erst am nächsten Arbeitstag enden und die Frist hätte sich mithin entsprechend verlängert. Ist der 1. Weihnachtsfeiertag eines Jahres zudem ein Donnerstag und damit denknotwendigerweise der 2. Feiertag der Freitag, wäre der 27.12 ein Samstag und ebenfalls nicht geeignet das Fristende zu bestimmen. In diesem Fall wäre erst der nächste Montag der maßgebliche Tag des Fristendes. Mithin hätte sich die Frist von 14 Tagen um 4 Tage verlängert auf 18 Tage.
Laut den AGBs in dem Fall vom LG Düsseldorf wird der § 193 BGB aber ausgeschlossen. Damit wäre das Fristende tatsächlich am 25.12. und nicht erst 2 bzw. 4 Tage später. Mithin verkürzt die Bank damit die Widerrufsfrist der Darlehensnehmer. Aus der verkürzten Widerrufsfrist folgt sodann natürlich eine verkürzte Frist zur Rückgewähr des erhaltenen nach dem Widerruf. Wäre der Widerruf des Darlehensvertrages nicht schon am 25.12, sondern erst am 27.12 oder 29.12 zu erklären und die Frist ausgenutzt worden, würde sich die 30-Tagesfrist zur Rückzahlung entsprechend nach hinten verschieben.
Nicht nur wird der Beginn der Rückzahlungsfrist von 30 Tagen nach dem Widerruf des Darlehens im Falle des § 193 BGB nach hinten verschoben, sondern auch das Ende der Rückzahlungsfrist. Würde dieses auf einen Samstag, Sonntag oder gesetzlichen Feiertag am Leistungsort fallen, würde sich entsprechend nach § 193 BGB dieses auf den nächsten Arbeitstag verschieben. Nach der Regelung der beklagten Bank müsste der Darlehensnehmer jedoch punktgenau spätestens am Ende der 30 Tage leisten. Dies ungeachtet, ob es sich dabei um ein Wochenende oder einen gesetzlichen Feiertag handelt. Dies ist aber schlicht unmöglich, weil eine Bank an den genannten Tagen in der Regel keine Leistung annimmt bzw. diese nicht bewirkt werden kann.
Der Darlehensnehmer müsste zu kuriosen Mitteln greifen und etwa das Geld in Form von Bargeld in den Briefkasten der Bank schmeißen. Dies ist gerade bei Immobiliendarlehensverträgen mit größeren Summen unpraktikabel bis unmöglich. Wobei selbst in diesem Fall Streit um die Frage des rechtzeitigen Zugangs entstehen kann.
Der Umstand ist besonders brisant, weil die Rückgewährpflicht für den Darlehensnehmer mit dessen Erklärung des Widerrufs des Darlehensvertrages beginnt. Dies ist zumeist die Absendung des Widerrufs etwa per Post. Die Rückgewährpflicht der Bank beginnt jedoch erst mit dem Zugang des Widerrufs des Darlehensvertrages.
Während der Darlehensnehmer in dem o.g. Beispiel daher am 25.12. widerrufen müsste und seine 30 Tages Frist zu laufen beginnt, wäre dies für die Bank nicht zwingend der Fall. Schickt der Darlehensnehmer seinen Widerruf per Post, wird dieser nicht an den Feiertagen und Wochenenden zugehen. Die Bank wird erst am nächsten Arbeitstag, wenn der Brief zugestellt wurde und bei der Beklagten gearbeitet wird, diesen mit einem Eingangsstempel versehen und mithin nachweisbar den Eingang bestätigt. Die Leistungspflicht von 30 Tagen zur Rückgewähr verlängert sich damit entsprechend für die Bank, während dies nicht für den Darlehensnehmer zutrifft. Dieser müsste nach 30 Tagen leisten, selbst wenn dies ein Wochenende oder gesetzlicher Feiertag wäre.
Der Ausschluss des § 193 BGB hinsichtlich des Widerrufsrechts von Darlehensverträgen ist daher höchst relevant für die Widerrufsfristen. Soweit man noch zu der Ansicht kommen kann, dass die Erklärung des Widerrufs heutzutage auch ohne den § 193 BGB bewirkt werden kann, weil die Willenserklärung auch an einem Samstag, Sonntag oder gesetzlichen Feiertag zumindest abgegeben werden kann, so ist die Erbringung der Rückzahlungsleistung binnen der 30 Tage unmöglich, wenn das Ende auf ein Wochenende oder einen gesetzlichen Feiertag am Leistungsort fällt.
Die Klausel der Bank beschränkt daher das Widerrufsrecht von Darlehensnehmern nach Ansicht des LG Düsseldorfs in seinem Urteil vom 15.12.2017 Az. 10 O 143/17 ganz erheblich in unzulässiger Art und Weise. Wie das OLG Düsseldorf und das BGH die Lage beurteilen werden, ist noch offen.
Betroffen von dieser Thematik sind dabei die Banken, die eine entsprechende Klausel in ihren AGBs verwendet haben.
Dies sind vor allem viele Volksbanken, Sparda-Banken und Raiffeisenbanken. Diese haben in den Darlehensverträgen, die nach dem 11.06.2010 geschlossen wurden, oft eine derartige Klausel zum Ausschluss des § 193 BGB in ihren AGBs. Im Rahmen der Rechtsprechung des LG Düsseldorfs aus dem Urteil vom 15.12.2017 Az. 10 O 143/17 wären diese Darlehensverträge mithin angreifbar und könnten ggf. noch widerrufen werden.
Die Rechtsprechung des LG Düsseldorfs in dem Urteil gilt für Verbraucherdarlehensverträge, die ab dem 11.06.2010 geschlossen wurden. Bei diesen Verträgen kann auch heute noch ein sogenanntes ewiges Widerrufsrecht bestehen. Für Immobiliendarlehensverträge, die ab dem 21.03.2016 geschlossen wurden, gilt jedoch eine Höchstfrist für das Widerrufsrecht unabhängig von Fehlern von 1 Jahr und 14 Tagen. Weitere Besonderheiten je nach Darlehensvertrag und Datum des Abschlusses sind ggf. zu beachten.
Betroffene Darlehensnehmer, die den Widerruf ins Auge fassen, sollten daher nicht zögern fachkundig Beratung in Anspruch zu nehmen.
Die Kanzlei hünlein rechtsanwälte finden Sie in Frankfurt am Main unter folgender Adresse (Kontakt):
hünlein rechtsanwälte
Eschenheimer Anlage 28
60318 Frankfurt a.M.
Tel.: 069–4800789‑0
Fax: 069–4800789-50
E‑Mail: kanzlei@huenlein.de
Ein Kontaktformular und weitere Angaben finden sie unter Kontakt.