Das OLG Köln bestätigte in seinem Beschluss vom 06.11.2015 Az. 13 U 113/15 erneut seine Auffassung, dass die sehr oft von vielen Sparkassen verwendete Widerrufsbelehrung bei Darlehensverträgen, die die Fußnote „Bitte Frist im Einzelfall prüfen.“ enthält, falsch und irreführend ist.
Bereits in seiner Entscheidung vom OLG Köln Urteil vom 23.01.2013 Az. 13 U 218/11 hatte das OLG eine Widerrufsbelehrung der Sparkassen für unwirksam erkannt. In dem nun ergangenen und veröffentlichten Beschluss, macht das OLG Köln deutlich, dass es an seiner Rechtsprechung festhält.
Das OLG Köln wies in seiner Entscheidung vom 06.11.2015 Az. 13 U 113/15 explizit darauf hin, dass bereits die Fußnote „Bitte Frist im Einzelfall prüfen.“ eine eindeutige inhaltliche Bearbeitung des Widerrufstextes ist. Dies hat zur Folge, dass nicht nur der Darlehensnehmer verwirrt wird, sondern auch der sogenannte Vertrauensschutz auf das Muster entfällt.
Im Ergebnis führt dies in der Regel im Zusammenspiel mit dem Passus „Die Frist beginnt frühestens …“ zur Unwirksamkeit der Widerrufsbelehrung des Darlehensvertrages. Somit steht den Darlehensnehmern regelmäßig auch nach Jahren noch ein Widerrufsrecht zu.
Das OLG Köln fasst es in der fraglichen Passage wie folgt:
„Letztlich kommt es auf die von der Beklagten aufgeworfene Rechtsfrage nicht einmal an, denn im vorliegenden Fall enthalten beide streitgegenständlichen Widerrufsbelehrungen nicht nur eine redaktionelle, sondern eine klare inhaltliche Abweichung von der Musterbelehrung, soweit es um den Fußnotenzusatz zu der angegebenen Widerrufsfrist geht. Diese Fristangabe („zwei Wochen“) wird durch den Zusatz („Bitte Frist im Einzelfall prüfen.“) inhaltlich relativiert, was eine inhaltliche Bearbeitung darstellt. Soweit die Beklagte dagegen anführt, dass es sich um einen nur an ihre Mitarbeiter gerichteten Ausfüllhinweis handele, ist das nicht nachvollziehbar. Die Formulierung legt – weil sich die Widerrufsbelehrung ersichtlich nicht an die Mitarbeiter der Beklagten, sondern an den Darlehensnehmer wendet — eine Deutung in dem Sinne, dass es der Darlehensnehmer sei, der die Prüfung vorzunehmen habe, mindestens nahe. Dem vorgedruckten Text lässt sich auch nicht entnehmen, ob die angegebene Frist (zwei Wochen) das Ergebnis der Einzelfallprüfung ist oder nur die Angabe der (noch) nicht überprüften Regelfrist.“ (OLG Köln 06.11.2015 Az. 13 U 113/15)
Gleichzeitig spielte erwartungsgemäß in dem Verfahren auch der unzutreffende Einwand der Verwirkung und des Rechtsmissbrauchs keine Rolle. Es bleibt daher dabei, dass ein später Widerruf im Einzugsgebiet des OLG Kölns nicht verwirkt ist, nur weil einige Jahre das Darlehen vertragsgemäß bedient wurde.
„Das Widerrufsrecht ist nicht verwirkt, wie das Landgericht zutreffend entschieden hat, weil die Darlehensverträge noch nicht vollständig erfüllt waren. Die dem entsprechenden Ausführungen des Landgerichts folgen der Rechtsprechung des Senats zu dieser Frage, an der er uneingeschränkt festhält. Damit fehlt es an dem für die Annahme einer Verwirkung erforderlichen Umstandsmoment. Auch für eine unter dem Gesichtspunkt der unzulässigen Rechtsausübung möglicherweise relevante treuwidrige Motivation der Kläger zum Widerruf ergeben sich aus dem von der Beklagten in diesem Zusammenhang angeführten vorgerichtlichen „Schriftwechsel“ (der nur aus dem Schreiben des Prozessbevollmächtigten der Kläger vom 25.8.2014 = GA 20 ff besteht) keine Anhaltspunkte.“ (OLG Köln 06.11.2015 Az. 13 U 113/15)
Besonders erfreulich ist zudem, dass das OLG Köln dem BGH hinsichtlich des Nutzungsersatzes gefolgt ist und zugunsten der Darlehensnehmer 5 Prozentpunkte über Basiszinssatz angenommen hat.
Der BGH hatte zuletzt in seinem Beschluss vom 22.09.2015 Az. XI ZR 116/15 deutlich gemacht, dass eine Bank nach dem Widerruf dem Darlehensnehmer Nutzungen herauszugeben hat, die sie gezogen hat. Kann die Bank nichts anderes beweisen, ist die Bank verpflichtet, die vertraglichen Leistungen des Darlehensnehmers über die Laufzeit des Darlehensvertrages mit 5 Prozentpunkten über Basiszinssatz zu verzinsen. Dies führt in aller Regel zu einer Reduktion der Restschuld und zu einem weiteren gewichtigen Vorteil der Darlehensnehmer bei einem Widerruf. Einige Gerichte zieren sich derzeit noch damit, diesen Nutzungsersatz anzuerkennen. Es ist daher erfreulich, dass jetzt auch das OLG Köln sich zu der BGH-Rechtsprechung bekannt hat.
Alle drei Oberlandesgerichtsbezirke in Nordrhein-Westfalen haben diese Widerrufsbelehrung von Darlehensverträgen der Sparkassen, die die Fußnote „Bitte Frist im Einzelfall prüfen.“ enthält als falsch eingestuft. Betroffene Darlehensnehmer in Nordrhein-Westfalen, die eine Widerrufsbelehrung in ihrem Darlehensvertrag haben, der diesen Passus enthält, haben daher derzeit begründete Hoffnung auf positive Verfahrensausgänge.
Es haben darüber hinaus aber auch bereits viele andere Oberlandesgerichte diese Widerrufsbelehrung als falsch angesehen.
Betroffene im Einzugsgebiet der OLGs Hamburg und Schleswig haben hingegen schwierige Aussichten. Diese OLGs vertreten bisher die Mindermeinung zu dieser Widerrufsbelehrungen von Darlehensverträgen von Sparkassen. Hier müssten sich Betroffene auf schwierige Verhandlungen und Verfahren einstellen.
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