Hier finden Sie Informationen betreffend der Rückabwicklung eines Kreditvertrages bzw. Darlehensvertrages nach einem erklärten Widerruf.
Ein Kurzfassung der Rückabrechnung finden Sie zudem in dem Blogeintrag zum BGH-Beschluss vom 12.01.2016 Az XI ZR 366/15 “Der BGH rechnet ab”.
Es kommt beim Widerruf nicht darauf an, ob die Bank dem Widerruf zustimmt oder nicht.
Der Widerruf ist eine einseitige empfangsbedürftige Willenserklärung. Dies bedeutet, es kommt nicht darauf an, ob die Bank diesem zustimmt oder nicht. Es kommt einzig darauf an, dass er wirksam und ausdrücklich gegenüber der Bank erklärt wird und ein Widerrufsrecht bestand.
Ist dieser erfolgt etwa durch einen Brief an die angegebene Adresse oder ggf. per E‑Mail oder über den beauftragten Rechtsanwalt oder die Verbraucherzentrale, tritt die Rechtsfolge des Widerrufs unmittelbar ein, ohne dass die Bank sich dazu äußern oder handeln muss.
Das Darlehensverhältnis erlischt rückwirkend zum Tag des Vertragsschlusses und wandelt sich von da an in ein sogenanntes Rückgewährschuldverhältnis um.
Dies hat zur Folge, dass der Darlehensnehmer innerhalb von 30 Tagen die Darlehenssumme zurückzahlen muss und die Bank gleichzeitig die gesamten vom Darlehensnehmer geleisteten Zahlungen herausgeben muss. Gleichzeitig sind die wechselseitig gezogenen Nutzungen herauszugeben.
(Praxistipp: Darlehensnehmer, die widerrufen, sollten immer erst abwarten, bis die Bank den Widerruf akzeptiert hat, bevor sie neue Verbindlichkeiten eingehen.)
Dies bedeutet, dass sowohl die Darlehenssumme, als auch die Leistungen des Darlehensnehmers jeweils von der Zahlung an ab zu verzinsen sind. Dadurch dass die Leistungen des Darlehensnehmers ebenfalls verzinst werden müssen, ergibt sich ein positiver Effekt auf die Tilgungsleistung. Lag das allgemein übliche Zinsniveau zudem unter dem vereinbarten Sollzinssatz, ergibt sich hier ein weiterer Einspareffekt, sodass es doppelt zu einem synergetischen Effekt für den Darlehensnehmer kommen kann (niedrigerer Zinssatz und Verzinsung der eigenen Zahlungen).
Welcher Zinssatz ist für die Darlehenssumme zu zahlen:
Für Darlehensverträge, die bis zum 12.06.2014 geschlossen wurden gilt, dass die Darlehensvaluta mit dem marktüblichen Zinssatz zu verzinsen ist und nicht mit dem vertraglichen Zinssatz. Der marktübliche Zinssatz ergibt sich in der Regel aus der passenden Zinsstatistik der Europäischen Zentralbank bzw. Deutschen Bundesbank. Eine laufende Anpassung findet dabei monatlich entsprechend der herrschenden Rechtsprechung nicht statt, sondern das Darlehen wird, wie es i.d.R. vertraglich vereinbart ist, mit einem Festzinssatz zurückgerechnet. Lediglich bei Prolongationsvereinbarungen kann daher der Zinssatz erneut ggf. marktüblich angepasst werden. Abweichende Entscheidungen mit einem variablen Zinssatz sind bisher die Ausnahme geblieben.
Der BGH hat allerdings ausgeführt, dass eine Anpassung an den marktüblichen Zinssatz im Rahmen der Bundesbankstatistik nur dann erolgen kann, wenn der Unterschied größer als 1 Prozentpunkt ist.
Der Zinssatz kann jedoch nie über den vereinbarten Sollzinssatz steigen. Daher ist eine Verschlechterung durch den Widerruf hinsichtlich der Zinslast ausgeschlossen.
Für Darlehen, die ab dem 13.06.2014 geschlossen wurden und werden, gilt grundsätzlich per Gesetz, dass die Darlehenssumme beim Widerruf mit dem Sollzinssatz zu verzinsen ist.
Bei Immobiliendarlehen kann der Darlehensnehmer allerdings jederzeit nachweisen, dass sein Gebrauchsvorteil niedriger war. Ist er dazu in der Lage, muss er auch nur diesen niedrigeren Gebrauchsvorteil herausgeben, sprich Zinsen zahlen.
Welchen Zinssatz muss mir die Bank zahlen:
Die Bank muss bei Darlehensverträgen die vor dem 13.06.2014 geschlossen wurden, ebenfalls ihren Gebrauchsvorteil des vom Darlehensnehmer gezahlten Geldes herausgeben. Dies wird gleichfalls in einem Zinssatz ausgedrückt. Die Rechtsprechung geht dabei davon aus, dass die Bank einen Nutzen in Höhe von 5 Prozentpunkten über Basiszinssatz gezogen hat und muss diesen an den Darlehensnehmer auskehren (BGH Az. XI ZR 33/08). Dies hat der BGH in seinem Beschluss vom 22.09.2015 Az. XI ZR 116/15 erneut bekräfigt.
Dieser Zinssatz gilt jedoch nur für Personalkredite. Bei den wesentlich relevanteren Immobiliendarlehensverträgen hat der BGH in seinem Urteil vom 12.07.2016 Az. XI ZR 564/15 entschieden, dass hier lediglich 2,5 Prozentpunkte über Basiszinssatz von der Bank geschuldet werden.
Den jeweils gültigen Basiszinssatz können sie in dieser Tabelle finden (externer Link).
Zur veranschaulichung ein kurzes Beispiel:
Zahlungen (Zinsen & Tilgung), die der Darlehensnehmer z.B. zwischen dem 01.01.2007 und dem 30.06.2007 an seine darlehensgebende Bank geleistet hat, müsste die Bank mit 7,70 % verzinsen. Bei einem Immobiliendarlehen immerhin noch mit 5,20 %.
Der BGH hat in seinem Urteil vom 12.07.2016 Az. XI ZR 564/15 jedoch auch entschieden, dass grundsätzlich beide Parteien jeweils einen höheren oder niedrigeren Nutzen beweisen können. Ist die Bank in der lage darzulegen, dass sie keine oder nur weniger Nutzungen gezogen hat, muss sie auch nur weniger herausgeben. Dies ist z.B. bei KfW Darlehen sehr oft der Fall. Kann der Darlehensnehmer hingegen belegen, dass die Bank deutlich größere Nutzungen gezogen hat, muss die Bank diese Nutzungen herausgeben.
Restschuld selbst berechnen!
Die Stiftung Warentest hat hierzu eine Excel-Tabelle veröffentlicht. Anhand dieser kann jeder berechnen, welche Restschuld für Ihn effektiv nach einem Widerruf noch zur Refinanzierung bleibt und welchen wirtschaftlichen Vorteile er möglicherweise hat. Diese Excel Liste finden sie am Ende des Beitrages der Stiftung Wartentest auf deren Homepage “Musterarbeitsblatt Kreditwiderruf: Rückabwicklung nachrechnen”. Selbstverständlich handelt es sich um eine unverbindliche Berechnung. Sie gibt aber für den Restbetrag eine gute Richtung vor, der refinanziert werden soll.
Die Summe lässt sich nach der Rechtsprechung des BGHs vom 22.09.2015 Az. XI ZR 116/15 relativ einfach überschlagen. Wenn Sie den marktüblichen Zinssatz nicht kennen, können Sie einfach den bisher gezahlten Zins nehmen und diesen summieren.
Ihr positiver Effekt nach der Rechtsprechung des BGHs ist die Verzinsung, der von Ihnen geleisteten Zinsen, an die Bank. Hierbei muss Ihnen die Bank sowohl den Zins als auch den Tilgungsteil mit 5 bzw. 2,5 Prozentpunkten über Basiszinssatz verzinsen. Dieser Zinsertrag können Sie von der zum Zeitpunkt des Widerrufs aktuellen Restschuld abziehen und haben einen Richtwert für den Umfang des Vorteils einer vollständigen Rückabwicklung.
Keine Vorfälligkeitsentschädigung
Ein weiterer positiver Effekt des Widerrufs ist dabei, dass die Bank bei einem wirksamen Widerruf keine Vorfälligkeitsentschädigung verlangen kann.
Diese ist zwar bei privaten Darlehen, die nicht grundpfandrechtlich über eine Immobilie besichert sind, mittlerweile auf 0,5 bis 1% der Darlehenssumme begrenzt, jedoch nicht bei Immobiliendarlehen. Hier hängt es rein davon ab, welchen Schaden die Bank geltend macht. Nicht selten haben wir Fälle, bei denen die Bank bei der vorzeitigen Ablösung eines Immobiliendarlehens Zahlungen von 10–25% der Darlehenssumme verlangt. Besteht hingegen ein Widerrufsrecht und macht der Darlehensnehmer davon Gebrauch, kann die Bank keine Vorfälligkeitsentschädigung oder sonstige Gebühren verlangen.
Hat hingegen nicht der Darlehensnehmer das Darlehen gekündigt, sondern die Bank etwa wegen Zahlungsverzug, dann kann sie ohnehin keine Vorfälligkeitsentschädigung verlangen (BGH Urteil vom 19.01.2016 XI ZR 103/15 ).
Historisch niedriger Zinssatz
Für das ggf. notwendige Ablösungsdarlehen kann der derzeit niedrige Zinssatz genutzt werden und damit können weitere Zinsersparnisse über die Laufzeit eintreten.
Der Einspareffekt eines niedrigeren Zinssatzes darf dabei nicht unterschätzt werden. Gerade die Zinslast macht ein Darlehen regelmäßig so wirtschaftlich belastend. Bei Immobiliendarlehen, die über einen längeren Zeitraum geschlossen wurden, ist es keine Seltenheit, dass 100–150% der Darlehenssumme zusätzlich zur Darlehenssumme noch einmal als Zinsen gezahlt werden.
Beispielsweise werden bei einem Annuitätendarlehen, welches über 250.000 € valutiert und mit einem effektiven Zinssatz von 6,7 % geschlossen wurde und über 25 Jahre läuft, Zinsen in Höhe von 256.405,37€ fällig. Insgesamt muss der Darlehensnehmer also 506.405,37 € an die Bank zahlen.
Noch deutlicher wird dies bei einem endfälligen Darlehen mit gleichen Konditionen. Nach 25 Jahren hat der Darlehensnehmer 406.415,77 € Zinsen gezahlt und muss noch die Darlehenssumme von 250.000 € bedienen, insgesamt also 656.415,77 €.
Steht ihm jedoch ein Widerrufsrecht zu und nutzt er dieses, werden die bisherigen Zinszahlungen nicht nur verzinst, sondern auch überschießende Beträge als Tilgung verrechnet. Dadurch sinkt die Restschuld und gibt dem Darlehensnehmer gleichzeitig die Möglichkeit das Darlehen über etwa ein Annuitätendarlehen zum derzeit günstigen Zinssatz zu refinanzieren, ohne dafür eine Vorfälligkeitsentschädigung zahlen zu müssen.
Zusammenfassend sind die Vorteile des Darlehensnehmers:
- Keine Vorfälligkeitsentschädigung (diese ist insbesondere bei Immobiliendarlehen der Höhe nach nicht gesetzlich begrenzt).
- Die Darlehenssumme wird ggf. mit dem marktüblichen Zinssatz verzinst, begrenzt durch den vereinbarten Sollzins. Dadurch ergibt sich regelmäßig eine geringere Restschuld.
- Verzinsung der eigenen Tilgungs- und Zinszahlungen an die Bank.
- Niedrigerer Zinssatz für ein ggf. notwendiges Folgedarlehen, sofern der Zinssatz des Darlehens höher war, als das aktuelle Zinsniveau.
- Sofortiger Ausstieg aus dem Darlehensvertrag.
Der wirtschaftliche Erfolg ist regelmäßig umso größer, umso später der Widerruf erfolgt. Gerade bei endfälligen Darlehen kommt es durch den Tilgungseffekt der vorher nur als Zinsen gezahlten Leistungen nach einem Widerruf zu einem großen synergetischen Effekt. Im Extremfall kann es dabei sogar vorkommen, dass das Darlehen bereits vollständig getilgt ist und keine weiteren Zahlungen mehr an die Bank zu leisten sind. Im Regelfall ist je nach Dauer und Konditionen des Vertrages allerdings durch den Darlehensnehmer noch eine Restsumme an die Bank zu zahlen. Diese dürft ein den meisten Fällen aber niedriger sein, als die zu dem Zeitpunkt des Widerrufs noch fällige Restschuld des Darlehens. Anhand der obigen Tabelle der Stiftung Warentest, kann dies jeder selsbt recht schnell herausfinden.
Im Grundsatz hat der BGH diese Abrechnungsmethode in seinen bisherigen Beschlüssen bestätigt. Insbesondere in seinem Beschluss vom 12.01.2016 Az. XI ZR 366/15 hat der BGH noch einmal die Abrechnung dargestellt. Dies können Sie im Beitrag “Der BGH rechnet ab” nachlesen.
Verwirkung des Widerrufsrechts möglich, daher sollten Betroffene nicht zulange warten!
Der Widerruf sollte nicht vorsätzlich hinausgezögert werden. Anzumerken ist zunächst, dass das Widerrufsrecht für sogenannte “Altverträge”, die zwischen 01.11.2002 und 10.06.2010 geschlossen wurden, zwischenzeitlich das Widerrufsrecht per Gesetz zum 21.06.2016 erloschen ist. Hier können nur Ansprüche geltend gemacht werden bei Verträgen, die rechtzeitig widerrufen wurden.
Grundsätzlich lässt zudem auch der BGH eine Verwirkung von Ansprüchen zu. Bei noch laufenden Verträgen ist derzeit aber nicht davon auszugehen. Erst wenn der Darlehensvertrag seit Jahren beendet ist oder weitere besondere Umstände hinzutreten, kann eine Verwirkung vorliegen.
In der Regel liegt aber keine Verwirkung und kein Rechtsmissbrauch vor. Der BGH hat u.a. in seinem Urteil vom 12.07.2016 Az. XI ZR 564/15 klargestellt, dass beides nur in Extremfällen vorliegen kann.
Es handelt sich bei dem Verwirkungseinwand zumeist lediglich um einen Standardvortrag der Bank bzw. Sparkasse, den diese ausnahmslos in jedem Verfahren erheben. Dabei wird der Eindruck erweckt, dass es herrschende Meinung wäre, dass der Widerruf Jahre nach Vertragsschluss verwirkt sei. Dies ist gerade nicht so. Ganz im Gegenteil hat der Bundesgerichtshof bei laufenden Verträgen bisher keine Verwirkung angenommen und auch bei gekündigten Verträgen (am Beispiel Versicherungsvertrag) erst viele Jahre nach Kündigung des Vertrages eine Verwirkung angenommen.
Zahlungspflicht des Darlehensnehmers innerhalb 30 Tagen nach erfolgtem Widerruf!
Es muss nachdrücklich darauf hingewiesen werden, dass sobald die Bank den Widerruf akzeptiert oder das Gerichtsverfahren positiv entschieden ist, der noch fällig Restbetrag vollständig und kurzfristig (i.d.R. 30 Tage nach Widerruf) in einer Summe an die Bank gezahlt werden muss. Es ist also immer wichtig, sich unverbindlich um die Folgefinanzierung rechtzeitig zu kümmern.
Wir stehen Ihnen für sich evtl. ergebene Rückfragen selbstverständlich gern zur Verfügung. Sollten Sie eine Erstberatung oder Hilfe bei der Prüfung ihres Darlehensvertrages oder der Durchsetzung ihres Widerrufsrechtes benötigen, stehen wir Ihnen ebenfalls gerne zur Verfügung.
Die Kanzlei hünlein rechtsanwälte finden Sie in Frankfurt am Main unter folgender Adresse (Kontakt):
hünlein rechtsanwälte
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