In einem von hünlein rechtsanwälten geführten Verfahren, hat das OLG Celle die Volksbank Nienburg nach dem Widerruf zweier Immobiliendarlehensverträgen mit Urteil vom 14.02.2018 Az. 3 U 162/17 zur Zahlung von über 15.000 € an die Darlehensnehmer verurteilt.
Inhaltlich ging es dabei um zwei Darlehensverträge bei der Volksbank aus dem Jahre 2003 und 2004. Diese enthielten u.a. Widerrufsbelehrungen mit dem Passus:
“Sofern Sie nicht taggleich mit dem Vertragsabschluss über Ihr Widerrufsrecht belehrt worden sind, beträgt die Frist einen Monat.”.
Die Darlehensverträge wurden 2011 bzw. 2013 zurückgeführt und im Mai 2016 der Widerruf erklärt.
Das OLG Celle stellte dabei explizit fest, dass die Formulierung “taggleich” in zweifacher Hinsicht irreführend ist.
Die von der Volksbank verwendete Formulierung in den Widerrufsbelehrungen der Darlehensverträge führt zu dem irreführenden Schluss, dass die zwei Wochen Widerrufsfrist nur dann gilt, wenn am Tag des Vergleichsschlusses über das Widerrufsrecht belehrt wird. Wird davor oder danach belehrt, gälte die Frist von einem Monat. Dies ist jedoch unzutreffend, weil das Gesetz die Monatsfrist für den Widerruf von Darlehensverträgen nur dann vorsah, wenn nach Vertragsschluss belehrt wurde. Das OLG Celle führt aus:
“Die von der Beklagten gewählte Formulierung ist geeignet, einen normal informierten, angemessen aufmerksamen und verständigen Verbraucher zu verwirren. Autgrund der ausgeführten Unklarheiten ist die Venrvendung zweier Fristläufe missverständlich und widerspricht dem Deutlichkeitsgebot. Der Verbraucher wird möglicherueise von einer Ausübung seines Widerrufsrechts abgehalten, weil er sich zu einer Prüfung der Frist nicht in der Lage sieht (vgl. OLG Stuttgart, Urteil vom 22. September 2015,6 U 95/15, unter Bezugnahme auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 22. September 2015; OLG Frankfurt, Urteil vom 7. September 2016, 17 U 6/16).”
Besonders von Relevanz sind sodann die Ausführungen des OLG Celle in seinem Urteil vom 14.02.2018 Az. 3 U 162/17 zur Verwirkung.
Der XI. Senat des BGHs hatte in einer Reihe von Entscheidungen im Jahre 2017 festgehalten, dass eine Verwirkung beim Widerruf von bereits zurückgeführten Darlehensverträgen grundsätzlich möglich sein kann und der Einzelfall jeweils zu prüfen ist. Besonderen Wert legt der BGH dabei darauf, ob das Darlehen auf Wunsch des Darlehensnehmers zurückgeführt wurde. Eigene Ausführungen dazu, ob eine Verwirkung des Widerrufsrechts vorliegt bzw. wann diese Anzunehmen sei, hat der XI. Senat hingegen in diesem Zusammenhang explizit nicht getroffen.
Der XI. Senat hat die Entscheidung vollständig den Tatrichtern überlassen. Andere Senate des BGHs sind an dieser Stelle weiter und haben die Grundsätze der Verwirkung nach § 242 BGB näher definiert.
So schließt etwa der IV. Senat eine Verwirkung des Widerrufsrechts auch dann aus, wenn der Vertrag beendet wurde, wenn der Widerrufende keine Kenntnis von seinem Widerrufsrecht hatte (BGH 17.05.2017 Az. IV ZR 499/14, 12.10.2005 Az. IV ZR 177/03). Ähnlich sieht es der VI. Senat der in seinem Urteil vom 30.11.2010 Az. VI ZB 30/10. Hiernach kann schon deshalb kein Verstoß gegen Treu und Glauben nach § 242 BGB vorliegen, wenn der Widerrufende zuvor keine Kenntnis von seinem Widerrufsrecht hatte, weil mangels Kenntnis eben auch keine treuwidriges Verhalten vorliegen kann. Treuwidrig kann der Widerrufende demnach nur dann handeln, wenn er das Widerrufsrecht gekannt hätte und es nicht trotzdem nicht ausgeübt hat.
Das sogenannte ewige Widerrufsrecht nach § 355 Abs. 3 S. 3 BGB a.F. dürfte aber insoweit einem Rechtslaien nicht bekannt gewesen sein. Fehlerhafte Widerrufsbelehrungen von Darlehensverträgen sind zudem mit nicht erfolgten Widerrufsbelehrungen gleichzustellen. Laut BGH-Rechtsprechung gibt es nur richtige oder fehlerhafte Widerrufsbelehrungen und keine halbfehlerhaften oder halbrichtigen.
Das OLG Celle hat im vorliegenden Fall die Verwirkung des Widerrufsrechts der Darlehensnehmer hinsichtlich der beiden streitigen Darlehensverträge abgelehnt. Das OLG Celle formuliert wie folgt:
“Verwirkung kann auch deshalb ausscheiden, weil ein Darlehensnehmer aufgrund der ihm erteilten Belehrung keinen Anlass zu der Annahme hatte, nach Ablauf der darin genannten Frist noch ein Widerrufsrecht zu haben (vgl. BGH, Urteil vom 12. Dezember 2005, ll ZR32Vl04, juris Rn. 25 zum Widerruf nach einem finanzierten Fondsbeitritt).”
Das OLG Celle vertrat zudem die Ansicht, dass überdies eine Verwirkung auch deshalb ausscheidet, weil die beklagte Bank sich unredlich verhalten hat. Anders als den Darlehensnehmern, war der Bank der Mangel in den Widerrufsbelehrungen bekannt oder hätte bekannt sein müssen. Trotzdem hat die Volksbank nicht von ihrer vom Gesetzgeber eingeräumten Möglichkeit zur Nachbelehrung Gebrauch gemacht. Der BGH hat z.B. bereits 2009 einige Varianten von Widerrufsbelehurngen als falsch ausgeurteilt. Diese fehlerhaften Formulierungen fandens ich auch in Widerrufsbelehrungen von Darlehensverträgen. Hier ist insbesondere der Terminus “frühestens” zu nennen.
Letztlich enspringt aber auch die Pflicht zur korrekten Widerrufsbelehrung dem Gesetz, wenn eine Bank daher bewusst sich dafür entscheidet bei einem Darlehensvertrag nicht nachzubelehren, obwohl ihr der Mangel der Belehrung bekannt ist oder hätte sein müssen, dann kann sie sich nicht auf treuwidriges Verhalten des Darlehensnehmers berufen. Die Bank ist in diesem Fall selbst bösgläubig und belehrt nur deshalb nicht nach, weil sie den Widerruf verhindern will. Damit hat sie gerade nicht darauf vertraut, dass der Widerruf später nicht mehr erfolgen wird und ist nicht schutzwürdig.
Die Gründe des Darlehnsnehmers für den Widerruf des Darlehens sind nach Maßgabe des OLG Celle ohne Belang und das OLG Celle folgt insoweit der Rechtsprechung des BGHs vom 16.03.2016 Az. VIII 146/15.
Im Ergbebnis folgte das OLG Celle in seinem Urteil vom 14.02.2018 Az. 3 U 162/17 im Wesentlichen der beantragten Summe und verurteilte die Volksbank Nienburg zur Zahlung an die Darlehnsnehmer.
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